Allgemeines

Das untere Moseltal zeichnet sich durch ein für mitteleuropäische Verhältnisse sehr mildes Klima aus. Davon profitiert nicht nur der Weinbau, durch den die Region weltweit bekannt geworden ist, sondern auch die Flora und Fauna. Ausgesprochen artenreich sind vor allem die steilen, nach Süden ausgerichteten Talhänge, auf denen die Sonnenstrahlen nahezu senkrecht einfallen. Dort herrschen zuweilen mediterrane Bedingungen, weshalb in den sogenannten Südhängen überwiegend wärmeliebende Pflanzen und Tiere leben. Viele dieser Arten kommen schwerpunktmäßig im Mittelmeerraum vor und erreichen an der Untermosel ihre nördliche Arealgrenze. Es verwundert daher kaum, dass im Gebiet auch einige südlich verbreitete Tagfalter zu beobachten sind. Dazu zählen beispielsweise der Segelfalter, der Rote Scheckenfalter und der Kleine Schlehen-Zipfelfalter.

 

Das Auftreten dieser Tagfalter, wie auch das anderer wärmeliebender Lebewesen, wird vom Weinbau begünstigt, denn die Bewirtschaftung unterbindet ein Verbuschen der südexponierten Talhänge. Aufkommende Gehölze sind insofern problematisch, da sie mit der Zeit die verschiedenen Biotopstrukturen innerhalb der Südhänge beschatten, wodurch sich das dortige Kleinklima nachhaltig verändert, was wiederum zum Verschwinden vieler Arten führt.

 

Eine ausgesprochen enge Bindung zum Weinbau besitzt ein ganz bestimmter Tagfalter, der außerhalb von Hochgebirgslagen zu den Raritäten zählt. Gemeint ist der Rote Apollo, für den die zwischen den Rebflächen befindlichen Trockenmauern von großer Bedeutung sind. Auf diesen bildet nämlich seine bevorzugte Raupennahrungspflanze, der Weiße Mauerpfeffer, oft üppige Bestände aus. Der Schmetterling stammt ursprünglich aus den Gebirgen Vorderasiens und ist nach der letzten Eiszeit in weite Teile Europas eingewandert. Langfristig überleben konnte die Art allerdings nur an relativ wenigen Orten, weshalb viele der heutigen Vorkommen seit geraumer Zeit isoliert sind. Aufgrund dessen entstanden etliche Unterarten, die sich äußerlich mehr oder weniger voneinander unterscheiden. Charakteristisch für die Falter aus dem unteren Moseltal sind die meist nierenförmig anstatt rund ausgeprägten roten Flecken auf den Hinterflügeln. Der „Moselapollo“ wurde Ende des 19ten Jahrhunderts von Hans Emil Julius STICHEL wissenschaftlich beschrieben und erhielt in Anlehnung an die Gemeinde Winningen die Bezeichnung „subspezies vinningensis“.

 

Beinahe wäre der Schmetterling bereits an der Untermosel verschwunden, und zwar infolge der Intensivierung des Weinbaus. So wurden in den 1970er und 1980er Jahren großzügig Pestizide mittels Hubschrauber ausgebracht, wodurch die Gifte nicht nur auf die Weinreben gelangten, sondern auch in die umliegenden Bereiche. Dies führte schließlich zu einer erheblichen Dezimierung der Raupen. Von der Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen wurde die Problematik früh erkannt und deshalb im Jahr 1981 der Hilferuf „Rettet den Moselapollo“ gestartet. Unterstützt von verschiedenen Verbänden und Institutionen konnten die Schmetterlingskundler ein Ende der Giftflüge bewirken, sodass das Aussterben des Falters erfolgreich verhindert wurde.

 

Heutzutage stellt die zunehmende Verbuschung der südexponierten Talhänge eine große Gefahr für den Roten Apollo im unteren Moseltal dar. Von diesem schleichenden Prozess, der in erster Linie mit der Nutzungsaufgabe von Weinbergen einhergeht, sind ohnehin viele Tagfalter und unzählige andere Lebewesen in der Region bedroht. Zum Schutz der gesamten Artengemeinschaft ist es daher unerlässlich, die Südhänge weitestgehend von Gehölzen freizuhalten, was wohl langfristig nur durch eine nachhaltige Förderung des Steillagenweinbaus gelingen kann.